Wer auf Österreichs Autobahnen unterwegs ist, sieht sie öfters: Transporter mit mehr oder weniger beschädigten alten Autos auf dem Weg ins Ausland. Vorher findet man außer Verkehr genommene Kraftfahrzeuge auf Autoplätzen mit nicht ordnungsgemäß ausgestatteten Abstellflächen und dieselben Fahrzeuge später dann in europäischen Häfen zur Verschiffung in Containern. Bei diesen von nicht Berechtigten exportierten Altfahrzeugen handelt es sich regelmäßig um gefährlichen Abfall und der Umwelt wie auch der ordnungsgemäß tätigen Wirtschaft in Österreich entsteht durch illegale Altfahrzeug-Exporte großer Schaden.
Es ist eine äußerst dramatische und besorgniserregende, negative Entwicklung, die bei der Verwertung von Altfahrzeugen in den letzten Jahren sowohl in Österreich, als auch innerhalb der gesamten Europäischen Union zu beobachten war: Nach Kletzmayr [1] wurden 2013 in Österreich 262.000 alte Fahrzeuge bei den amtlichen, zumeist von den österreichischen Versicherungen betriebenen Zulassungsstellen endgültig abgemeldet. Davon wurden nur 67.000 Stück bzw. nur 26 % tatsächlich in die Verwertungskette eingebracht, der Verbleib von 195.000 Stück bzw. von 74 % (!) der Altfahrzeuge ist weitestgehend ungeklärt.
Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes
Im Jahr 2014 hat man aber nun begonnen, sich dieses Problems verstärkt juristisch anzunehmen. Am Anfang steht eine für die Klassifikation von alten Fahrzeugen sehr wichtiges Erkenntnis des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom Juli 2013 (Zl. 2013/07/0032), das 2014 in Informationsveranstaltungen öffentlich vorgestellt und diskutiert wurde. Darin hat der VwGH eindeutige Kriterien hinsichtlich der praxistauglichen und rechtsverbindlichen Unterscheidung zwischen einem Gebrauchtfahrzeug (kein Abfall) und einem Altfahrzeug (Abfall) herausgearbeitet. Grundsätzlich ist ein Altfahrzeug „gefährlicher Abfall“. Nur wenn es ordnungsgemäß „trockengelegt“ und „schadstoffentfrachtet“ wird, ist es kein gefährlicher Abfall mehr. Werden Altfahrzeuge vorher zerlegt und als Ersatzteillager verwendet, handelt es sich um genehmigungspflichtige Behandlung von gefährlichen Abfällen.
Natürlich kann ein Fahrzeug jederzeit abgemeldet und später neuerlich angemeldet werden; im Falle einer endgültigen Abmeldung muss aber in Österreich der Zulassungsstelle ein gemäß § 43 Abs. 1a Kraftfahrzeuggesetz (KFG) gesetzlich verpflichtender Verwertungsnachweis vorgelegt werden. Eine im Sommer 2014 punktuell durchgeführte Nachfrage bei mehreren Zulassungsstellen in Österreich hat gezeigt, dass dieser gesetzlich geforderte Verwertungsnachweis bei der endgültigen Abmeldung eines Fahrzeuges in der Praxis überhaupt nicht nachgefragt wird.
Rechtswidrige Praktiken
Tatsächlich wurden in Österreich – mit stark steigender Tendenz – in den letzten Jahren immer mehr solche Altfahrzeuge, welche aufgrund ihres (schlechten) technischen Zustandes und/oder infolge zu hoher Reparatur- bzw. Instandsetzungskosten als „Abfall“ (Altfahrzeug) einzustufen gewesen wären, endgültig abgemeldet und dann verkauft; Grund dafür ist die zeitgleich stark gewachsene Nachfrage nach Altfahrzeugen aller Art in Osteuropa, Afrika und Asien, wo derartige „Wracks“ nur notdürftig repariert und gerade noch fahrtüchtig gemacht werden oder als „Ersatzteilspender“ dienen.
Der Handel mit Altfahrzeugen – verbunden mit gleichzeitig illegalem Export von solchen, eigentlich als gefährlicher Abfall einzustufenden Altfahrzeugen – hat sich in den letzten Jahren informell zu einem sehr lukrativen und gewinnbringenden Geschäft entwickelt: Tendenz zunehmend. Durchgeführt sowohl durch „fliegende Aufkäufer“, welche ihre Visitenkarten in parkenden, potentiellen Altfahrzeugen hinterlassen (z.B. in Fahrzeugen, deren „Pickerl“ in Kürze abläuft oder schon abgelaufen ist), aber auch durch so manche österreichische Gebrauchtwagen- und Landmaschinenhändler sowie österreichische Gebrauchtwagenbörsen („Wrackbörsen“).
Abgrenzungskriterien und Pflichten in Bezug auf Altfahrzeuge
Mit dem Erkenntnis des VwGH und der soeben im Gang befindlichen Überarbeitung des Erlasses zur österreichischen Altfahrzeugeverordnung [2] sollte nun größere Rechtsklarheit gegeben sein, womit auch weitere Schritte zur Eindämmung illegaler Praktiken gesetzt werden können und müssen!
Ausgehend vom Erkenntnis des VwGH vom Juli 2013 lauten die wesentlichsten Abgrenzungskriterien zur Unterscheidung von Abfall (Altfahrzeug) und Nicht-Abfall (Gebrauchtfahrzeug):
Der Reparaturaufwand, mit welchem das betreffende Fahrzeug in einen wieder zulassungsfähigen Zustand gebracht werden kann, muss geringer als der Zeitwert des Fahrzeuges sein (Gebrauchtfahrzeug); andernfalls ist das Fahrzeug als „Abfall“ (Altfahrzeug) einzustufen.
Für die Bestimmung des Zeitwert und der Reparaturkosten ist jener Staat maßgeblich, in welchem sich das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Feststellung dieser beiden Werte befindet (also in Österreich).
Um rechtswidrige Behandlungen und Exporte von Altfahrzeugen zu verhindern, dürfen Autowracks und nicht zulassungsfähige Fahrzeuge nur Berechtigten zur Übernahme solcher Abfälle angeboten und von diesen übernommen werden. Verletzt man diese Pflichten, so kann auch der bisherige Kfz-Eigentümer oder derjenige, der an einer illegalen Übergabe mitgewirkt hat, zur Verantwortung gezogen werden.
Änderungsbedarf im AWG
Um bei Kontrollen von rechtswidrigen Altautoplätzen und -exporten effektiver vorgehen zu können, wäre es sehr zu begrüßen, wenn in das Abfallwirtschaftsgesetz eine Bestimmung über die Beschlagnahme von illegal gelagerten oder transportierten Abfällen eingefügt werden könnte. Nachdem 2014 das Problembewusstsein stark gestiegen und das rechtliche Instrumentarium eine klare Auslegung erfahren hat, wäre es an der Zeit, im Jahr 2015 bessere Werkzeuge zur Umsetzung der bestehenden Vorschriften zur Verfügung zu stellen.
Weiterführende Informationen:
„Wertvolle Rostschüsseln“ Umweltschutz 02/2014
http://www.umweltschutz.co.at/fileadmin/ebook/uws-2014-02/files/20.html
„Schrott-Schiebereien geht’s an den Kragen“, Umweltschutz 05/2014
http://www.umweltschutz.co.at/Schrott-Schiebereien-geht-s-an-den-Kragen.712.0.html
[1] Kletzmayr, Walter: Altfahrzeugschwund in Österreich. In: WKO-Workshop „Illegale Abfallexporte“. Wien, 2014. Vgl. auch http://www.autoundwirtschaft.at/print.php?id=6462
[2] Der vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) heraus-gegebene Erlass zur Altfahrzeugeverordnung, BGBl II 2002/47 i.d.F. BGBl II 2014/13, wird derzeit überarbeitet und aktualisiert. Der Entwurf der Überarbeitung wurde im Dezember 2014 zur Begutachtung versendet. Mit einer Veröffentlichung ist im Jänner 2015 zu rechnen.