Offene Baustellen betreffend Altfahrzeuge im Entwurf des Bundesabfallwirtschaftsplanes 2017

Am 24. Jänner 2017 wurde der Entwurf zum Bundesabfallwirtschaftsplan (BAWP) 2017 durch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) online gestellt und das Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren und Anhörungsverfahren gemäß § 8 Abs. 2 AWG gestartet. Am Beispiel Altfahrzeuge ist ersichtlich, dass der Entwurf einiges zu wünschen übrig lässt.

 

Rückschritte seit 15 Jahren

Generell werden im gegenständlichen Entwurf das erwartete Abfallaufkommen und mögliche Behandlungswege für verschiedene Abfallarten für das Jahr 2021 dargestellt. Speziell für den Abfallstrom „Altfahrzeuge“ (AFZ) ist festzuhalten, dass in den Jahren 2000, 2001 und 2002 in Österreich noch rund 120.000 Stück AFZ jährlich einer Verwertung zugeführt wurden. Seither ist die Zahl der einer Verwertung zugeführten AFZ stetig zurückgegangen und betrug zuletzt (Bezugsjahr 2015) nur mehr 48.000 Stück AFZ[1].

 

Im Verhältnis zu den im Jahr 2015 insgesamt endgültig abgemeldeten 255.000 Stück AFZ entspricht dies einer Verwertungsquote von lediglich 19 %. Diese 19 % aller anfallenden AFZ wurden im Jahr 2015 zwar zu 86,94 % einer Wiederverwendung und stofflichen Verwertung bzw. zu 96,89 % einer Wiederverwendung und Verwertung zugeführt. Dennoch lautet die nüchterne Bilanz: mehr als 80 % (!) der jährlich aus dem insgesamt Fahrzeugbestand Österreichs endgültig ausgeschiedenen AFZ kommen bei den heimischen sechs Shredderbetrieben gar nicht an und „verschwinden“ auf bislang ungeklärte Weise aus Österreich; zumeist im Wege illegaler Abfallexporte nach Osteuropa, in den Nahen Osten oder nach Afrika.

 

Dieser AFZ-Schwund“ entspricht einem Materialwert von etwa 40 bis 50 Mio. EUR – wenn man konservativ betrachtet nur den bloßen Schrottwert ansetzt – welcher jährlich als Rohstoffverlust der österreichischen Entsorgungswirtschaft und damit der metallverarbeitenden Industrie sowie dem Fahrzeughandel (Teileverwerter, Kfz-Werkstätten, etc.) verloren gehen; und zwar mit steigender Tendenz. Weitere Leistungen in den damit verbundenen Segmenten Transport, Reparatur, Demontage, Aufbereitung und Verwertung sowie die damit verbunden Arbeitsplätze sind in dieser Wirtschaftlichkeitsbetrachtung noch gar nicht inkludiert.

 

Diese Entwicklung ist insbesondere vor dem Hintergrund der gleichzeitig im selben Betrachtungsraum von 15 Jahren deutlich gestiegenen Anzahl an jährlichen Pkw-Fahrzeugzulassungen bzw. des insgesamt stark angewachsenen Pkw-Fahrzeugbestandes in Österreich (31.12.2015: 4,75 Mio. Stück) mit großer Sorge zu betrachten.

 

Der ungeklärte Verbleib von mehr als 200.000 Stück AFZ pro Jahr1 – welche im nicht trockengelegtem Zustand sogar als gefährlicher Abfall einzustufen sind – wäre aufgrund der hohen Umweltrelevanz dieses Abfallstroms, aber auch infolge der damit verbundenen weit gefächerten Verluste in einem Bundesabfallwirtschaftsplan als ernsthaftes umwelt-, wirtschafts- und beschäftigungspolitisches Thema aufzugreifen und mit entsprechenden Lösungsansätzen zu versehen.

 

Kein Plan im Entwurf zum BAWP 2017

Mit einem im gegenständlichen Entwurf nunmehr prognostizierten Altfahrzeugaufkommen von nur 63.000 t – d.h. weniger als 60.000 Stück AFZ – im Jahr 2021 sind offensichtlich in den nächsten Jahren keinerlei Maßnahmen durch das BMLFUW vorgesehen, um den „AFZ-Schwund“ aufzuklären und wirksam zu unterbinden.

 

Unverständlicher Weise wird im Entwurf des BAWP 2017 lapidar ausgeführt, dass der „…Großteil der abgemeldeten Fahrzeuge in das Ausland als Gebrauchtfahrzeuge verbracht wird…“. Dies beschreibt in Wahrheit einen illegalen Vorgang und lässt Maßnahmen zu dessen Abstellung vermissen. Viele Fahrzeuge werden nämlich anstatt als „Altfahrzeuge“  (und somit als „Abfall“ gemäß Abfallwirtschaftsgesetz) fälschlicherweise als „Gebrauchtfahrzeuge“ deklariert und somit illegal exportiert. Dies ist dem  BMLFUW seit längerem bekannt, dennoch wird auf diese Missstände und die deshalb dringend erforderlichen Maßnahmen im vorliegenden Entwurf eines BAWP 2017 mit keinem Wort eingegangen.

 

Ein wirksames Mittel zur Verhinderung derartiger illegaler AFZ-Exporte wäre die Verbesserung des Abmeldungsprozedere im Falle der endgültigen Abmeldung von Altfahrzeugen: Entgegen den gesetzlichen Bestimmungen wird in der täglichen Praxis bei der Abmeldung eines Fahrzeuges in einer der in ganz Österreich tätigen Kfz-An- und Abmeldestellen die Vorlage des Verwertungsnachweises – obwohl dies im Kraftfahrzeuggesetz (KFG) verpflichtend normiert ist[2] – nicht verlangt. Diesbezüglich besteht im BMFLUW selbst sogar die allgemeine Auffassung, dass das KFG diesbezüglich „totes Recht“ darstellt.

 

Demzufolge wären in einem Bundesabfallwirtschaftsplan Maßnahmen aufzuzeigen, wie das BMLFUW zukünftig dieses Problem gemeinsam mit dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) einer zufriedenstellenden Lösung zuführen und das gesamte Fahrzeug-Abmeldewesen einer der Kreislaufwirtschaft konformen neuem Prozedere unterwerfen will. Bedauerlicher Weise ist dies laut vorliegenden Entwurf des BAWP 2017 nicht vorgesehen bzw. findet überhaupt keine Berücksichtigung.

 

Fragwürdige Abfallverbringungen

Im Entwurf zum BAWP 2017 völlig außer Acht gelassen und mit keinem Wort im Kapitel über die Strategie der österreichischen Abfallwirtschaft erwähnt wird die nach wie vor stark steigende Zahl illegaler Abfallexporte aus Österreich, welche nicht nur den Abfallstrom „Altfahrzeuge“, sondern auch Elektro- und Elektronikaltgeräte, Sperrmüll, Altstoffe und viele weitere Abfallarten betrifft. Ebenso wenig wird auf die notwendige Eindämmung illegaler Sammlertätigkeiten osteuropäischer „Sammelbrigaden“ innerhalb des österreichischen Staatsgebietes eingegangen.

 

Sämtliche illegale Abfallexporte finden – ungeachtet der Zieldestination bzw. des Empfängerstaates – aus rein privatwirtschaftlichen Motiven statt. Die Dimension dieser illegalen Aktivitäten bestimmter Interessensgruppen hat mittlerweile zu einem massiven Abfluss von wirtschaftlich relevanten – weil mit Rohstoffpotential behafteten – Abfällen aus Österreich in Zielregionen geführt, in denen es keine entsprechenden technischen und keine umweltschonenden Verwertungseinrichtungen gibt. Dies führt auch zu einem wirtschaftlichen Nachteil der in Österreich davon berührten Wirtschaftszweige. Es ist deshalb unverständlich, warum in einem Bundesabfallwirtschaftsplan keine konkreten Maßnahmen und Vorgaben als strategiepolitische Instrumente Erwähnung finden, um diese Missstände wirksam zu bekämpfen und zu beenden.

 

Überfällige AWG-Novelle

Bedauerlich und unverständlich ist auch, dass der seit 2015 (!) vorliegende Entwurf einer Novelle des Abfallwirtschaftsgesetztes (AWG), mit der den Vollzugsbehörden die sofortige Beschlagnahme von illegal gelagerten oder exportierten Abfällen ermöglicht würde, noch immer nicht Gesetz geworden ist. Mit dem auf eine Gesetzwerdung wartenden neuen § 78b AWG könnte gegen illegale Praktiken rascher und effektiver als derzeit vorgegangen werden[3].

 

[1] Kletzmayr, Walter: Aktueller Bericht zur AFZ-Verwertung. Hrsg.: ARGE-Shredder GmbH; Österreichische Shredder Altautoentsorgungs- und Entwicklungs-GmbH & Co KG. Lambach, 2016

[2] § 43 Abs 1a KFG. Siehe: http://wko.at/up/Alt-Pkw-Verwertungsnachweis.pdf

[3] Siehe http://umwelt-hotspots.org/das-abfallwirtschaftsgesetz-bekommt-zaehne